Die »CSRD«, der »Brüssel-Effekt« und Nicht-EU-Unternehmen

Die »Corporate Sustainability Reporting Directive« und der »Brüssel-Effekt« – wie sich die CSRD auf Nicht-EU-Unternehmen auswirkt

Die »Corporate Sustainability Reporting Directive« (CSRD) bedeutet für rund 50.000 Unternehmen aus der Europäischen Union, dass sich die Art, wie diese über ihre Nachhaltigkeitsperformance berichten, verändern wird: Europäische Unternehmen, die in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen, müssen zukünftig über eine breite Palette an Nachhaltigkeitsinformationen berichten. Der  »European Sustainability Reporting Standard« (ESRS) wird der Standard sein, nach dessen Vorgaben die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen erfolgt. Gleichzeitig ist die CSRD auch ein Beispiel für den »Brüssel-Effekt«, denn es ist davon auszugehen, dass rund 10.000 Nicht-EU-Unternehmen, die in der Europäischen Union aktiv sind, von den Regelungen der CSRD betroffen sein werden. In diesem Blogpost geben wir einen Überblick darüber, wie sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Europäischen Union gewandelt hat und wie sich der »Brüssel-Effekt« auf Nicht-EU-Unternehmen auswirkt, die in den Scope der CSRD fallen.

Update: Im Juni 2023 wurde eine überarbeitete Fassung des European Sustainability Reporting Standard veröffentlicht. Alle Informationen dazu haben wir in diesem Blogpost für Sie zusammengestellt. 

Geänderte Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Bevor wir darauf eingehen, wie sich die CSRD auf Nicht-EU-Unternehmen auswirkt, werfen wir an dieser Stelle einen kurzen Blick auf die Entwicklungen, die sich in den letzten Jahren bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung ergeben haben.

Seit dem Jahr 2015 kann der Übergang von freiwilliger zur verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung beobachtet werden. Ein Indikator ist dabei die deutlich gestiegene Wahrnehmung von Nachhaltigkeitsthemen im Allgemeinen, aber auch die wachsende Bedeutung von damit verbundenen Zielsetzungen wie den »Sustainable Development Goals« (SDGs) oder des Pariser Klimaabkommens. 

Bis zum Jahr 2017 erfolgte die Offenlegung von Nachhaltigkeitsthemen durch Unternehmen überwiegend auf freiwilliger Basis. Ausnahmen waren Länder wie das Vereinigte Königreich, Frankreich, Dänemark und andere, in denen es bereits eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in der einen oder anderen Form gab. Unternehmen griffen für die Offenlegung ihrer Nachhaltigkeitsinformationen auf verschiedene Rahmenwerke wie GRI, SASB, CDSB oder CDP zurück. 

Im Jahr 2017 leitete die »Non-Financial Reporting Directive« (NFRD) die Ära der verpflichtenden nicht-finanziellen Berichterstattung im europäischen Raum ein. 

Zwar war der Umfang der Offenlegungsanforderungen nach der NFRD relativ überschaubar, umso größer war die Anzahl der Unternehmen, rund 10.000 aus fast 30 Ländern der Europäischen Union, für die mit der NRFD die Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtend wurde. Die NFRD wurde damit zu einem der umfangreichsten Offenlegungsregimes der Welt.

Eine Herausforderung, die mit der NFRD nicht überwunden werden konnte, waren Diskrepanzen in der Offenlegung:  Manche Unternehmen erfüllten die Anforderungen der oben genannten Berichtsstandards buchstabengetreu, andere berichteten nur über einen Teilbereich ihrer Nachhaltigkeitsaspekte und überließen es Investoren und anderen Stakeholdern, ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung zu interpretieren.

Dies führte zu einer mangelnden Vergleichbarkeit der offengelegten Nachhaltigkeitsinformationen und wurde neben der mangelnden Interoperabilität der vielen Berichtsstandards (die oftmals als »Alphabet-Soup of Reporting Frameworks« bezeichnet wurden) zu Recht als Hauptkritikpunkte identifiziert.

Auf die »NFRD« folgt die »CSRD«

Auch wenn die NFRD nicht perfekt war, so wurde mit ihr ein Grundstein für die CSRD [1] gelegt, die ihrerseits eine deutliche (inhaltliche wie auch regulatorische) Weiterentwicklung darstellt und ehrgeizigere Ziele verfolgt.

Parallel dazu kann eine Konsolidierung bei den Rahmenwerken für die Nachhaltigkeitsberichterstattung beobachtet werden. Diese Konsolidierung könnte zu einer Situation führen, bei der es zu einer Konzentration auf zwei Berichtsstandards kommt, die sich im Umfang der offenzulegenden Informationen und beim Wesentlichkeitsverständnis unterscheiden.

Ein Kandidat ist der zukünftige europäische Nachhaltigkeitsberichtstandard ESRS, der andere ein Rahmenwerk, das aktuell durch die IFRS/ISSB entwickelt wird.

Einen kurzen Vergleich der beiden Rahmenwerke haben wir in der folgenden Abbildung zusammengestellt.

Corporate Sustainability Reporting Directive und Nicht-EU-Unternehmen

Das Thema »Interoperabilität« spielt auch hier eine große Rolle. Während sich beim ESRS und dem GRI-Standard große Schnittmengen abzeichnen, stützt sich der Ansatz von IFRS/ISSB auf den SASB Standard. Das TCFD-Framework spielt wiederum bei beiden Berichtswerken eine Rolle.

Auf den ESRS [2], die Interoperabilität von ESRS und ISSB [3], und zum Konzept der »Doppelten Wesentlichkeit« [4] sind wir bereits in anderen Blogposts [5] eingegangen. 

Die CSRD, der »Brüssel-Effekt« und Nicht-EU-Unternehmen

Die CSRD ist ein ausgezeichnetes Beispiel für den sogenannten »Brüssel-Effekt« – ein Prozess, bei dem Gesetze und Vorschriften der Europäischen Union über Marktinstrumente auch außerhalb ihrer Grenzen externalisiert werden.

Diese einseitige regulatorische Globalisierung bedeutet, dass EU-Vorschriften zu de facto Standards werden [6, 7]. Die vorgeschlagene »Corporate Sustainability Due Diligence Directive« [8] oder die »Green Claims Richtlinie« sind weitere mögliche Beispiele dafür, wie sich europäische Vorgaben auf Nicht-EU-Unternehmen auswirken können, sofern diese in der Europäischen Union aktiv sind.

Nicht-EU-Unternehmen und die CSRD

Verglichen mit ihrer Vorgängerin ist die Corporate Sustainability Reporting Directive für die Nachhaltigkeitsberichterstattung ein deutlicher Schritt nach vorne. 

Gleiches gilt für den European Sustainability Reporting Standard, nachdem die Offenlegung erfolgen wird. Der ESRS ist ein ausführliches Rahmenwerk, das von der EFRAG entwickelt wurde, um den Offenlegungsanforderungen der CSRD zu entsprechen. Aktuell ist der ESRS noch ein Entwurf, wir erwarten aber die endgültige Fassung im Sommer dieses Jahres. 

Eine Besonderheit der CSRS – gerade vor dem Hintergrund des oben angesprochenen »Brüssel-Effekts« ist, dass sie sich auch auf rund 10.000 Nicht-EU-Unternehmen auswirken wird. Das zeigen aktuelle Daten von Refinitiv, die im Wall Street Journal [9] veröffentlicht wurden.

Die überwiegende Mehrheit der betroffenen Nicht-EU-Unternehmen stammt demnach aus den Vereinigten Staaten (31 %), aus Kanada (13 %) und aus dem Vereinigten Königreich (10 %).

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Welche Nicht-EU-Unternehmen fallen unter die Regelungen der CSRD?

Welche Kriterien entscheiden darüber, ob ein Nicht-EU-Unternehmen der Berichtspflicht nach der CSRD unterliegt? Die CSRD wird auch für Nicht-EU-Unternehmen gelten, einschließlich solchen die 

  • die Wertpapiere wie Aktien oder Anleihen an einem regulierten Markt in der Europäischen Union notiert haben.
  • Unternehmen mit einem jährlichen EU-Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro und einer EU-Niederlassung mit einem Nettoumsatz von mehr als 40 Millionen Euro.
  • Unternehmen mit einer EU-Tochtergesellschaft, bei der es sich um ein Großunternehmen handelt, das mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt: mehr als 250 Beschäftigte in der EU, eine Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. EUR oder lokale Einnahmen von mehr als 40 Mio. EUR

Ab wann greifen die Regelungen für Nicht-EU-Unternehmen?

Noch haben Nicht-EU-Unternehmen etwas Zeit, sich auf die Anforderungen der CSRD einzustellen.

Ausländische Unternehmen, die in der EU börsennotiert sind, müssen ihre Nachhaltigkeitsperformance nach der CSRD ab 2025 offenlegen, wenn sie mehr als 500 Beschäftigte in der EU haben. Ab 2026 gelten die Regelungen der CSRD für andere große Nicht-EU-Unternehmen mit EU-Notierungen und 2027 für kleine und mittlere Unternehmen mit EU-Notierungen in Kraft. Ab 2029 greift die CSRD für Unternehmen aus Drittländern, die nicht in der EU gelistet sind, aber anderen Kriterien unterliegen. 

Die Auswirkungen der CSRD auf Nicht-EU-Unternehmen

Die Auswirkungen für Nicht-EU-Unternehmen, welche die oben genannten Kriterien erfüllen und damit in den Geltungsbereich der CSRD fallen, sind vielfältig. In den folgenden Abschnitten haben wir diejenigen Aspekte aufgegriffen, die besonders relevant sein können.

Ressourcen für die Berichterstattung nach der CSRD mit dem ESRS: Nicht-EU-Unternehmen werden, auch wenn ein Großteil ihrer unternehmerischen Aktivitäten außerhalb der Europäischen Union stattfindet, die erforderlichen Ressourcen für die Offenlegung ihrer Nachhaltigkeitsperformance nach den Anforderungen der CSRD und dem ESRS bereitstellen müssen.

Unterschiedliche Ausgangspositionen: Abhängig von der individuellen Ausgangsposition des jeweiligen Unternehmens werden Anpassungen im Berichtswesen, beim Mapping von Nachhaltigkeitsinformationen oder der Aufbau von Strukturen erforderlich sein, um den Offenlegungsanforderungen zu genügen.

  • Unternehmen, die bereits eine strukturierte Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert haben und dabei auf Rahmenwerke wie GRI oder TCFD zurückgreifen, werden die bereits vorhandenen Nachhaltigkeitsinformationen mit den Anforderungen des ESRS abgleichen, eine Gap-Analyse durchführen und ein Mapping der Nachhaltigkeitsinformationen vornehmen müssen. Gegebenenfalls müssen weitere Maßnahmen, Ergänzungen oder Anpassungen umgesetzt werden.
  • Vor deutlich größeren Herausforderungen werden solche Nicht-EU-Unternehmen stehen, die bisher noch keine strukturierte Nachhaltigkeitsberichterstattung implementiert haben. Diese werden zunächst die erforderlichen Strukturen und ein Berichtswesen aufbauen müssen – von der Datensammlung und -analyse bis zur eigentlichen Berichterstattung. Neben den dafür notwendigen Governance-Strukturen, damit beispielsweise die Datenintegrität, -qualität und -sicherheit gewährleistet ist, können weitere der eigentlichen Berichterstattung vor- bzw. nachgelagerte Prozesse (z. B. Wesentlichkeitsanalysen, Strategieentwicklung) erforderlich sein.

Wie können sich Nicht-EU-Unternehmen auf ihre Berichtspflichten nach der CSRD vorbereiten?

Nicht-EU-Unternehmen, die unter die Berichtspflicht nach der CSRD fallen, sollten die verbleibende Zeit bis zur verpflichtenden Offenlegung ihrer Nachhaltigkeitsinformationen zielgerichtet nutzen.

Dazu zählt beispielsweise: 

  • Die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem ESRS genau zu verfolgen und sobald dieser in der Endfassung vorliegt, zu prüfen, wie sie ihre bestehende Nachhaltigkeitsberichterstattung mit den Berichtsanforderungen des ESRS zusammenführen können, welche Lücken bestehen und welche ergänzenden Aufgaben zu erfüllen bzw. welche ergänzenden Prozesse zu implementieren sind. 
  • Unternehmen, die noch keine strukturierte Nachhaltigkeitsberichterstattung betreiben, sollten sich im Detail mit den Anforderungen der CSRD und des ESRS beschäftigen und damit beginnen, die Adaption an die CSRD zu planen.
  • Anzuraten ist auch eine Abstimmung mit den Abschlussprüfern des Unternehmens, welche Anforderungen sich aus der CSRD bei der Prüfung der nicht-finanziellen Berichterstattung ergeben.

Zusammenfassung

Die CSRD zeigt zum einen, wie sich die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen in den vergangenen Jahren entwickelt und ausgeweitet haben. Neben den rund 50.000 europäischen Unternehmen, die unter die Regelungen der CSRD fallen, werden ca. 10.000 Nicht-EU-Unternehmen von dieser Richtlinie betroffen sein. Dies illustriert den »Brüssel-Effekt« und damit, welchen Stellenwert die regulatorischen Vorgaben der Europäischen Union auch für Nicht-EU-Unternehmen haben. In jedem Fall sollten sich Unternehmen, die unter die CSRD fallen, egal ob sie aus der Europäischen Union stammen oder in Drittländern ansässig sind, frühzeitig mit der CSRD beschäftigen, um einen guten Einstieg in die Berichterstattung nach dem ESRS zu gewährleisten. 

Quellen und weitere Fundstellen

[1] NordESG – CSRD Update November 2022 

[2] European Sustainability Reporting (ESRS) – Update November 2022

[3] ESRS, GRI, TCFD & IFRS – Interoperabilität von Reporting-Frameworks und Offenlegungsanforderungen

[4] “Double Materiality” – Was bedeutet die “doppelte Wesentlichkeit” für die Nachhaltigkeitsberichterstattung?

[5] Erste Einblicke: Der zukünftige European Sustainability Reporting Standard (ESRS) und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

[6] Columbia Law School – The Brusseles Effect: How the European Union Rules the World

[7] Wikipedia – The Brusseles Effect

[8] Die »Corporate Sustainability Due Diligence Directive« der Europäischen Union – Was ist die »CSDDD«, welche Unternehmen werden davon betroffen sein und was sind die nächsten Schritte?

[9] Wall Street Journal – At Least 10,000 Foreign Companies to Be Hit by EU Sustainability Rules

Über NordESG

NordESG hat sich auf die Beratung zu ESG und Nachhaltigkeit in Deutschland, Europa und Nordamerika spezialisiert. Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre ESG- und Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln und zu implementieren.

Unternehmen unterstützen wir nicht nur dabei ihren Offenlegungspflichten wie der CSRD nachzukommen, sondern auch dabei ihre Nachhaltigkeitsstrategie proaktiv gegenüber ihren Stakeholdern wie Investoren, Geschäftspartnern, Kunden oder lokalen Gemeinschaften zu kommunizieren.

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