Das S in ESG – Unternehmen und die Relevanz von sozialen Belangen in ESG
Die »ESG« oder »Environment«, »Social« und »Governance« Diskussionen, die wir aktuell verfolgen, konzentrieren sich häufig auf Umweltthemen: Der Klimawandel, verursacht durch CO₂-Emissionen, führt zu immer weiter steigenden Klimarisiken. Unternehmen haben dies erkannt und stellen vor, wie sie den Übergang in eine emissionsfreie Zukunft gestalten wollen, um ihren Teil dazu beizutragen, den Klimawandel aufzuhalten. Die Stärkung der Biodiversität, der effizientere Umgang mit knappen Ressourcen, die Vermeidung von Müll und der Übergang in die Kreislaufwirtschaft – all das sind Themen aus dem »E« Bereich von ESG. Aber verpassen wir bei all dem nicht das S in ESG?
Um es klar zu sagen: Die Klimakatastrophe, auf die wir zusteuern, ist eine enorme Herausforderung und jeder Beitrag zu ihrer Verhinderung ist mehr als willkommen. Auch wenn der Klimawandel uns alle betrifft, werden einige von uns sehr viel stärker von seinen Auswirkungen betroffen sein. Hier zeigt sich das S in ESG und es wird deutlich, dass soziale Belange im Kontext von ESG und deren Verknüpfung mit Umweltthemen ebenfalls einen hohen Stellenwert besitzen.
In diesem Blogbeitrag gehen wir der Frage nach, in welcher Form soziale Themen für Unternehmen »wesentlich« sein oder werden können. Außerdem teilen wir unsere Überlegungen dazu, mit welchen Instrumenten Unternehmen für sie »wesentliche« soziale Themen identifizieren können, um diese besser einordnen zu können.
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Wofür steht das S in ESG?
Unternehmerisches Handeln wirkt sich auf Menschen und unseren Planeten aus (Stichwort »People & Planet«). Während das E in ESG das letztere abdeckt, fallen die Auswirkungen auf die Menschen, die Gemeinschaften, in denen Unternehmen tätig sind oder die Gesellschaft als ganzes in die Domäne des S in ESG. Wie Unternehmen diese Vielzahl von Beziehungen zu ihren Stakeholdern oder Stakeholder-Gruppen handhaben, ist dabei das zentrale Thema.
Apropos Stakeholder: Soziale Gesichtspunkte im Kontext von ESG sind nicht auf »interne Stakeholder« wie die eigene Belegschaft beschränkt, sondern erstrecken sich auch auf »externe Stakeholder« – auch entlang von Lieferketten.
Das führt zu einer breiten Palette potenzieller sozialer Themen, die zu berücksichtigen sind. Angefangen bei Fragen zur Chancengleichheit, Gesundheit und Arbeitssicherheit, Auswirkungen auf lokale Gemeinschaften, bestehenden Beschwerdemechanismen, Menschenrechten, den sozialen Auswirkungen von Produkten, Dienstleistungen oder der Unternehmenstätigkeit bis hin zu geschlechtsspezifischer Gewalt (»GBV«). Weitere Themen wie DE&I – kurz für »Diversity, Equity & Inclusion« – oder Schulungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für die eigene Belegschaft sind mittlerweile hinzugekommen.
Zoomt man heraus und nimmt bestehende Lieferketten in den Fokus, dann werden Themen wie die Minimierung von sozialen Auswirkungen durch gute Arbeitsbedingungen, Gesundheit, Sicherheit und das wirtschaftliche Wohlergehen der Mitarbeiter:innen wichtig. Genauso aber auch deren Gleichbehandlung, die Vermeidung von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der ethnischen Herkunft. Kinder- oder Zwangsarbeit und die Rechte indigener Völker sind weitere Aspekte in diesem Kontext.
Am anderen Ende des Spektrums finden sich die Kunden als eine weitere wichtige Stakeholder-Gruppe wieder. Produktsicherheit, Datensicherheit und Privatsphäre sind hier wichtige Fokuspunkte.
All das mag denjenigen bekannt vorkommen, die beispielsweise nach dem GRI-Standard berichten. Andere Frameworks, dazu zählt auch der zukünftige European Sustainability Reporting Standard (ESRS), greifen soziale Themen genauso auf.
Warum ist das S in ESG für Unternehmen relevant?
In erster Linie geht es beim S in ESG wie bei allen ESG-Themen um »Unternehmerische Verantwortung«. Ein Ziel kann dabei sein, die Bedürfnisse der Stakeholder eines Unternehmens (besser) zu verstehen und gemeinsam nach Lösungen für zukünftige Herausforderungen zu suchen.
Die Reputation des Unternehmens ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Mit sozialen Belangen gehen erhebliche Reputationsrisiken einher und diese haben eine lange Halbwertszeit. Ein weiterer Blickwinkel sind Sorgfaltspflichten und einschlägige Vorschriften. Das Lieferkettengesetz ist ein Beispiel dafür. Investoren und Ratingagenturen sind ebenfalls auf ESG-Risiken sensibilisiert, die sich auf die Bewertung eines Investments oder Unternehmens auswirken können.
Versicherungsunternehmen sind ein weiteres Beispiel für die Relevanz von S in ESG. Um ein Projekt zu versichern, das auf indigenem Land durchgeführt werden soll, kann eine »freie, vorherige und informierte Zustimmung« (Free, Prior and Informed Consent – FPIC) gemäß der UN-Erklärung über die Rechte der Völker (UN Declaration on the Right of Peoples – UNDRIP) verpflichtend sein.
Soziale Themen, im Zusammenhang mit der Reputation eines Unternehmens, können sich erheblich auf die Fähigkeit eines Unternehmens auswirken, Nachwuchskräfte zu finden und diese langfristig an das Unternehmen zu binden.
Wie können Unternehmen für sie »wesentliche« Themen identifizieren?
Die Bandbreite an sozialen Themen im Kontext von ESG ist groß. Wie können Unternehmen diejenigen identifizieren, die »wesentlich« für sie sind?
Neben einzelnen Verfahren wie einer Due-Diligence-Prüfung entlang der Lieferkette und in jedem Fall der Beachtung aller erforderlicher Sorgfaltspflichten und Vorgaben kann ein weiterer Ansatz die Durchführung eines (doppelten) Wesentlichkeit-Assessment sein.
Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass neben dem S in ESG auch das E und G mitbetrachtet wird und dadurch eine ganzheitliche Sicht und bessere Einblicke in miteinander verknüpfte Themenbereiche möglich wird, die sich aus allen drei ESG-Bereichen ergeben.
Wir haben über das Konzept der »Doppelten Wesentlichkeit« bereits in mehreren Blogbeiträgen berichtet (siehe hier, hier und hier). Aus unserer Sicht hat der Ansatz der »Doppelten Wesentlichkeit« den Vorteil, dass sowohl die finanzielle Wesentlichkeit als auch die Impact-Wesentlichkeit/Wirkungsperspektive betrachtet werden, was zu einem ganzheitlichen Bild führt.
In jeden Fall trägt eine Wesentlichkeitsanalyse dazu bei, ESG-bezogene Themen zu bewerten – auch im Hinblick auf die Fähigkeit eines Unternehmens, langfristig Wertschöpfung zu generieren. Darüber hinaus können die Ergebnisse dazu beitragen, ein Bewusstsein für die Risiken und Chancen im ESG-Kontext zu schaffen.
Zusammenfassung
Risiken im sozialen Kontext von ESG zu identifizieren, beginnt damit, das S in ESG zu verstehen und zu erkennen, welche Verknüpfungen es zu den anderen Domänen im Kanon der ESG-Themen gibt. Risiken aus dem sozialen Kontext von ESG sind oftmals mit Reputations- oder Compliancerisiken verbunden, die mit einer langen Halbwertszeit verbunden sind.
Die Umsetzung eines Materiality Assessments (Blickwinkel doppelte Wesentlichkeit) kann ein guter Ausgangspunkt sein, um zu einer besseren Einordnung oder Bewertung von Risiken und Chancen zu gelangen.
Selbstverständlich gibt es etablierte und erprobte Verfahren zur Analyse von Einzelthemen, beispielsweise bei der Analyse von Wertschöpfungsketten. Und es gibt vielfältige Vorschriften, die im Zusammenhang mit sozialen Belangen relevant sind. Wichtig ist aus unserer Sicht ein möglichst ganzheitliches Bild der Situation zu erhalten und dann gut informiert die nächsten Schritte zu planen.
Über NordESG
NordESG hat sich auf die Beratung zu ESG und Nachhaltigkeit in Deutschland, Europa und Nordamerika spezialisiert. Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre ESG- und Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln und zu implementieren.
Unternehmen unterstützen wir nicht nur dabei ihren Offenlegungspflichten wie der CSRD nachzukommen, sondern auch dabei ihre Nachhaltigkeitsstrategie proaktiv gegenüber ihren Stakeholdern wie Investoren, Geschäftspartnern, Kunden oder lokalen Gemeinschaften zu kommunizieren.
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