Meinung | Begegnungen der 4. Art – Scope 4 Emissionen
Ziemlich sicher haben Sie bereits von „Scope 1, 2 und 3“ Emissionen gehört. Vor kurzem könnten einige von Ihnen eine Begegnung der vierten Art gehabt haben: „Scope 4“ Emissionen. PG&E, ein großes Versorgungsunternehmen aus Kalifornien, hat diesen Begriff in seinem „Climate Strategy Report“ aufgegriffen. Was sind „Scope 4“ Emissionen? Eine neue Kategorie indirekter THG-Emissionen? In diesem Blogpost beleuchten wir, in welchem Kontext PG&E diesen Begriff verwendet und was sich dahinter verbirgt.
Das GHG-Protocol und Scope 1, 2 und 3 Emissionen
Zur besseren Einordnung: Das Greenhouse Gas Protocol (GHG-Protocol) ist ein international akzeptierter Standard für die systematische Erfassung von Treibhausgasemissionen. Nach dem GHG-Protocol werden drei verschiedene Kategorien von Emissionen unterschieden:
- Scope 1: Diese Kategorie umfasst alle direkten Emissionen eines Unternehmens. Also diejenigen Emissionen, bei denen ein direkter Zusammenhang zu den Aktivitäten eines Unternehmens besteht.
- Scope 2: Unter Scope 2 Emissionen werden indirekte Emissionen verstanden, die beispielsweise in der Erzeugung zugekaufter elektrischer Energie, Wärme, Kühlung, etc. ihren Ursprung haben.
- Scope 3: Auch Scope 3 Emissionen sind indirekte Emissionen. Diese haben ihren Ursprung in der Wertschöpfungs- bzw. Lieferkette eines Unternehmens und sind häufig deutlich schwieriger zu quantifizieren als Scope 1 und 2 Emissionen.
Mehr Informationen über Scope 1, 2 und 3 Emissionen haben wir in diesem Blogpost für Sie zusammengestellt.
Was sind „Scope 4“ Emissionen?
Der Climate Strategy Report von PG&E definiert „Scope 4“ Emissionen im Kontext vom Übergang in eine dekarbonisierte und klimaresiliente Wirtschaft. Demnach ist der Begriff Scope 4 Emissionen als „an emerging term for categorising emissions reductions enabled by a company“ zu verstehen [1].
Sinngemäß also als Emissionsminderungen, die durch ein Unternehmen (in diesem Fall PG&E) ermöglicht werden. Vor diesem Hintergrund können Scope 4 Emissionen als vermiedene CO₂-Emissionen verstanden werden.
Die eigenen Emissionen reduzieren und dann die Kunden bei deren Dekarbonisierung unterstützen
PG&E verfolgt die Strategie, die eigenen Scope 1, 2 und 3 Emissionen zu verringern und seine Kunden bei der deren Dekarbonisierung zu unterstützen.
Scope 1, 2 und 3 Emissionen reduzieren …
PG&E hat das Ziel, bis 2050 den Übergang zu einem „nature-positive“ Energiesystem zu schaffen. Dies bedeutet:
- Net-zero bis zum Jahr 2040
- Bis 2030: Reduktion der Scope 1 und 2 Emissionen um 50 % und Reduktion der Scope 3 Emissionen um 25 % jeweils bezogen auf das Basisjahr 2015.
… Kunden bei deren Dekarbonisierung unterstützen
In ihrem Klimastrategiereport weist PG&E darauf hin, dass das Engagement des Unternehmens über die Reduktion der eigenen Emissionen hinausreicht. Vielmehr soll ein substanzieller Beitrag zur Reduktion von „Scope 4“ Emissionen erreicht werden, indem die Kunden von PG&E bei der Verminderung ihres CO₂-Fußabdrucks unterstützt werden. („Our commitment goes beyond reducing our own emissions and includes achieving substantial ‚Scope 4‘ reductions by enabling the customers and communities we serve to reduce their carbon footprints, as well. To track progress, we will continue our rigorous effort to complete a comprehensive, verified greenhouse gas emissions inventory each year across our Scope 1, 2, and 3 emissions.“ [2]).
In diesem Zusammenhang plant PG&G die
- Einsparung von 48 Mio. Tonnen CO₂ durch Energieeffizienz und Dekarbonisierungsstrategien für seine Kunden.
- Einsparung von mehr als 58 Mio. Tonnen CO₂ im Mobilitätsbereich durch Unterstützung von E-Mobilität.
- Umstellung auf Erdgas und damit Einsparung von weiteren 2,5 Mio. Tonnen CO₂ bei Kunden, bei denen eine Umstellung auf elektrische Energie nicht möglich ist und die Energieträger mit einem großen CO₂-Fußabdruck verwenden.
Sind Scope 4 Emissionen nur ein Marketing-Stunt?
Den Begriff „Scope 4“ zu verwenden, impliziert zumindest die Nähe zum GHG-Protocol. Hier ist eine Abgrenzung erforderlich. Scope 1, 2 und 3 Emissionen sind Emissionen, die den CO₂-Fußabdruck eines Unternehmens widerspiegeln.
Was PG&E als „Scope 4“ bezeichnet, fällt in die Kategorie der vermiedenen Emissionen und wäre dann den Kunden von PG&E zuzuordnen.
Sollte das GHG-Protocol um Scope 4 Emissionen erweitert werden?
Wir denken nicht, dass dies erforderlich ist. In jedem Fall sollten die Begriffe klar definiert werden. PG&E will seine eigenen CO₂-Emissionen deutlich reduzieren. Gleichzeitig will PG&E seine Kunden dazu in die Lage versetzen, ihre eigenen Emissionen zu durch entsprechende Produkte und Dienstleistungen zu senken, um ihre CO₂-Ziele zu erreichen.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet wird klar, dass hier zwei voneinander unabhängige Abrechnungskreise vorliegen.
Wir haben den Climate Strategy Report von PG&E so verstanden, dass bei der Unterscheidung von eigenen Reduktionszielen und denen, die für Kunden möglich gemacht werden, deutlich differenziert wird. Wir verstehen die in dem Bericht gemachten Überlegungen zur Unterstützung ihrer Kunden auch so, dass hier ein Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel geleistet wird, der über das eigene Engagement hinausreicht. Für die Kunden von PG&E wird damit die Emissionsvermeidung ein eigenes strategisches Ziel sein, bei dem sie jedoch Unterstützung erfahren können.
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Quellen und Links
[1] PG&E Climate Strategy Report: Our Commitment: Helping to Heal the Planet, S 5ff.
[2] PG&E Climate Strategy Report: 2040: Net Zero Energy System, S. 7ff.